24.01.2008:

Stuttgarter Elefantendame landet im Graben
Dreieinhalb Tonnen am Haken: Feuerwehr rettet Vilja

Nach einem Sturz liegt die Grande Dame der Stuttgarter Elefantenkühe hilflos im Graben – ihre Bergung dauert zwei Stunden



Stuttgart - Sie ist als ältester Zooelefant Europas eine Ausnahmeerscheinung in der Wilhelma: Am Donnerstag ist die Elefantenkuh Vilja nach einer Hakelei mit Artgenossinnen in den Graben des Außengeheges gestürzt. Das Protokoll einer Rettungsaktion mit schwerem Gerät.

Offenbar hat es unter den sonst meist sanftmütigen Elefantenkühen in der Wilhelma am Donnerstagmittag Streit gegeben. Einer der Pfleger beobachtete gegen 13 Uhr eine Hakelei unter den Dickhäutern, bei der die Älteste der Damen aus dem Gleichgewicht geriet und in den Graben stürzte. Aus eigener Kraft konnte sich Vilja daraufhin nicht mehr aufrappeln. Die Wilhelma alarmierte Polizei und Feuerwehr, die wenig später mit schwerem Gerät im Zoo vorfuhr. Die 58 Jahre Elefantenkuh befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer lebensbedrohlichen Lage, auch weil das lange Liegen ihren Kreislauf strapazierte. Vilja ist nicht irgendein Tier im Stuttgarter Zoo, sie ist als ältester Zooelefant Europas beinahe so etwas wie ein Aushängeschild und nicht nur ihren Pflegern, sondern vielen Besuchern ans Herz gewachsen.

Kurz vor 15 Uhr haben sich hinter den Absperrbändern deshalb zahlreiche Neugierige eingefunden, um die Rettungsaktion zu beobachten. Pfleger steigen über eine Leiter in den Graben hinab, in dem das 3500 Kilo schwere Tier nun bereits seit zwei Stunden liegt. Mit Strohballen wird Vilja abgepolstert, Einsatzkräfte versuchen mühsam, einen Tragegurt um sie zu schlingen. Die Bergung gestaltet sich nicht nur aus diesem Grund kompliziert - über jener Stelle, an der die Elefantenkuh gestürzt ist, versperrt ein Baum dem Schwenkarm des Feuerwehrwagens den Weg. Mit einer Seilwinde soll das Tier angehoben werden. Die Wilhelma erlebt einen Großeinsatz wegen der schweren Lady.

Zu diesem Zeitpunkt ist es für viele der Beobachter nicht klar, ob Vilja überhaupt noch lebt, die als Jungtier 1952 in die Wilhelma kam und dort inzwischen gemeinsam mit drei weiteren Elefantenkühen zu einer der größten Publikumsattraktionen zählt. Anfang der fünfziger Jahre war sie das erste Tier im Stuttgarter Zoo, der bis dahin beim Publikum nur mit seinen Pflanzen wuchern konnte. Obwohl alle vier Elefantendamen bereits ein wenig in die Jahre gekommen sind, fällt Vilja in dem Quartett besonders auf: Ihr knochiger Rücken und die abgeschabte Haut an ihrem muskulösen Rüssel zeigen die Spuren des Alters bei der Greisin.

Einen solchen Rummel wie an diesem Tag hat die Grande Dame jedoch noch nie erlebt. Nach mehr als zwei Stunden gelingt es der Feuerwehr schließlich, das Tier mit dem schwenkbaren Kran wieder auf die Beine zu stellen. Wie ein Dirigent gestikuliert der Zoodirektor Dieter Jauch am Einsatzort, ihre Pfleger reden beruhigend auf Vilja ein, die noch etwas wacklig im Graben steht. "Dass die alte Dame das überlebt hat", sagt eine staunende Zuschauerin, während viele Besucher den Einsatzkräften applaudieren.

Obwohl Vilja bereits nach kurzer Zeit wieder mit dem Rüssel an der Hecke des Außengeheges nascht, kann Dieter Jauch anfangs nicht ausschließen, dass sich der Koloss ernsthaft verletzt hat. Nach ihrer Rettung muss Vilja daher zum medizinischen Check-up. Ein Tierarzt untersucht sie auf ernsthafte Verletzungen, kann jedoch zunächst keine erkennen. "Es geht ihr den Umständen entsprechend gut", vermeldet der Zoodirektor, "lediglich am Kopf weist sie eine kleinere Verletzung auf." Unmittelbar danach frisst Vilja bereits wieder, was Jauch ebenfalls als gutes Zeichen wertet. Schließlich darf Vilja zu ihren Artgenossinnen Molly, Pama und Zella zurückkehren. Ob eine der massigen Damen wegen des folgenschweren Vorfalls am Nachmittag unter schlechtem Gewissen leidet, ist nicht bekannt.

http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1618845

Ihr könnt Euch vorstellen, dass ich nach einem Anruf um 14 Uhr sehr durch den Wind war. Ich hoffe sie hat alles gut überstanden.!!!!!!!

26.01.2008

Happy End
Vilja ist wieder fit

Viljas Sturz in den Graben ist noch mal gut gegangen.
Foto: Rudel

Vom Schrecken des Sturzes in den Graben hat sich die Elefantendame Vilja gut erholt

Stuttgart - Die Elefantendame Vilja hat ihren Sturz gut überstanden. Das 58 Jahre alte Tier war in den Graben des Geheges in der Wilhelma gefallen. Obwohl die Rettungsaktion über zwei Stunden dauerte, konnte der Tierarzt keine schweren Schäden feststellen.

"Es ist ein Wunder", sagt Marianne Holtkötter, Kuratorin für Säugetiere im Zoo Wilhelma. Zweieinhalb Stunden hat Vilja, der älteste Zooelefant Europas, am Donnerstag nach einem Sturz im Graben des Außengeheges gelegen. Erst mit Hilfe eines Schwenkkrans hatten Feuerwehr und Pfleger das dreieinhalb Tonnen schwere Tier wieder auf die Beine gebracht. "So etwas Zähes! Das erste, was sie noch im Gurt gemacht hat, war, sich umzudrehen und von den Büschen zu fressen", erzählt Holtkötter begeistert.

Dabei hätten sie alle noch ein "dickes Ende" befürchtet, so die Kuratorin. Ein Team von Pflegern übernachtete im Park, um ein Auge auf Vilja zu haben. Am Freitagmorgen untersuchte der Tierarzt die 58-jährige Elefantendame noch einmal: Keine Knochenbrüche, kein Kreislaufkollaps, nur eine harmlose Wunde am Auge. "Vilja geht es nach der Aufregung von uns allen am besten", sagt Holtkötter. "Als wäre nichts gewesen."

Wie der Unfall passierte, kann die Kuratorin nicht nachvollziehen. Vilja hatte sich ihren Lieblingsplatz ausgesucht, nahe am Rand des Grabens. Dann kam es offenbar zu einer Kabbelei mit ihren Artgenossinnen Molly, Pama und Zella. "Sie muss nicht mal beteiligt gewesen sein", sagt Holtkötter. "Wenn sie einen Schubs abbekommt, fällt sie um. Als alte Dame steht sie nicht mehr so stabil." Die Kuratorin ist stolz auf die Pfleger, die schnell und koordiniert reagierten. Dank der guten Zusammenarbeit mit der Feuerwehr hatte Vilja gerettet werden können.

Die Zooleitung diskutiert nun über die beste Methode, solche Unfälle künftig zu vermeiden. Während des Ausgangs am Freitag stand Vilja zunächst einmal unter ständiger Aufsicht. "Mal sehen, ob sie etwas dazu gelernt hat und sich nicht mehr an diesen Platz stellt", sagt Holtkötter. Eine Möglichkeit sieht sie darin, den unteren Teil der Anlage mit Seilen abzutrennen. Vom Elefantenhaus sei diese Vorkoppel leicht zu erreichen.

Die alte Elefantendame Vilja müsste dann auch keine Stufen mehr steigen, was ihr in ihrem Alter zunehmend schwer fiele. "Dort hat sie Sonne und kann weiter den Kontakt zu den anderen halten", erklärt Holtkötter. Elefanten sind sehr soziale Tiere, was sich gleich nach Viljas Sturz gezeigt hat: Bulle Bruno im Nachbargehege hatte ebenso besorgt am Rande des Grabens gestanden wie die drei Elefantenkühe. Bevor die Rettungsaktion beginnen konnte, mussten die anderen Tiere erst einmal eingesperrt werden. "Ich bin jetzt seit 19Jahren hier, aber das war ein besonderer Tag", zieht Holtkötter ein persönliches Fazit der ganzen Aufregung. "Erst das Schlimmste, was man sich nur denken kann - und dann dieses Happy End."

Vilja ist von Anfang an in der Wilhelma dabei

Vilja war drei Jahre jung, als sie 1952 mit einer Ausstellung über indische Dschungelbewohner in die Wilhelma kam. Direktor Albert Schöchle wollte mit Präsentationen exotischer Tiere den botanischen Garten beleben, der im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt worden war.

Vilja wurde wild geboren, vermutlich auf der Insel Sumatra. Die Elefantendame eroberte das Herz des Parkleiters. Nach Ende der Ausstellung kaufte er sie für damals stolze 12.000 D-Mark. Die Behörden waren von ihr und anderen „Überbleibseln“ verschiedener Tierschauen zunächst nicht begeistert. Erst 1960/61 wurde offiziell der Ausbau der Wilhelma zum Zoologisch-Botanischen Garten bewilligt. Die Kombination aus rund 1000 Tier- und 5000 Pflanzenarten, die einen Querschnitt durch verschiedene Klimazonen bieten, hat den Zoo weltweit berühmt gemacht.

1968 bekam Vilja ihr eigenes Elefantenhaus. Am 7. Mai 2007 feierte sie ihren 58. Geburtstag und gilt seither als der älteste Zooelefant Europas. Ihre drei Artgenossinen, Pama, Molly und Zella, die mit ihr im Gehege leben und den Unfall verursacht haben, sind etwa 15 bis 20 Jahre jünger.

Auf der Homepage der Wilhelma ist die erfolgreiche Rettungsaktion in Bildern ausführlich dokumentiert, unter der Adresse www.wilhelma.de/de/wint/aktion/index.php

Andrea Weil, aus der StZ vom 26. Januar 2008

http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1619653

Vilja erhält eigenes Ruheplätzchen im Gehege

26.01.2008


Betagte Elefantendame hat Sturz in Graben gut überstanden - Ausflüge ins Freie vorerst nur mit Pfleger

Stuttgart (eh) - Elefantendame Vilja hat den Sturz in den Graben des Freigeheges gut überstanden. „Sie steht ganz und gar nicht verschüchtert in der Ecke und ist fidel, soweit man in diesem Alter fidel sein kann“, berichtet die Kuratorin der Cannstatter Wilhelma, Isabel Koch. Als Konsequenz aus dem Unfall werden für den ältesten Zooelefanten Europas Sicherheitsvorkehrungen getroffen, damit der Spaziergang im Freien gefahrlos ist.


Eine kleine offene Wunde am Kopf und ein paar blaue Flecken unter der dicken, grauen Haut - das sind offenbar alle Verletzungen, die sich Vilja beim ihrem Sturz in den 1,50 Meter tiefen Graben zugezogen hat. Die 58 Jahre alte Elefantendame hat viel Glück im Unglück gehabt. Dabei hat es am Donnerstag ganz schlimm ausgesehen. Die Kuh stand unter Schock, und ein Elefant kann nicht stundenlang auf der Seite liegen: Durch das eigene Gewicht werden sonst die lebenswichtigen Organe so gequetscht, dass der Kreislauf zusammenbricht. Und ausgerechnet an diesem Tag war ihr Leibarzt auf einer Tagung - per Telefonhotline hat er mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Vilja erhielt während der gut zweistündigen Bergungsaktion durch Feuerwehr und Pfleger ein kreislaufstärkendes Mittel und das hat „eine kleine, aber ganz entscheidende Aufmunterung ihrer Lebensgeister“ bewirkt - aufgerichtet durch einen Kran folgte sie Äpfel kauend und schwankend ihrem Pfleger dann aus dem Graben heraus zurück ins Elefantenhaus. Dort konnte sie die alte Dame von den Strapazen der Bergungsaktion erholen. Die Nacht hat vorsorglich ein Pfleger bei ihr verbracht. „Sie genießt die ganze Aufmerksamkeit, die ihr gerade zuteil wird“, berichtet Koch. Alle Mitarbeiter seien sehr erleichtert, dass das dienstälteste Wilhelma-Tier dem Tod gerade noch mal von der Schippe gesprungen ist. Entwarnung kann Koch indes nicht geben. „Bei einem Tier in diesem Alter muss man sich immer Sorgen machen.“Wie es zu diesem Unfall kam, ist unklar. Der Vorfall ereignete sich in der Mittagspause der Pfleger. Ein Besucher hatte die Zooleitung darüber verständigt, dass ein Elefant in den Graben der Anlage gefallen war. Wahrscheinlich hatten die wesentlich jüngeren Elefantendamen Pama, Zella und Molly die aufgrund ihres Alters bewegungseingeschränkte Vilja im Streit - „der unter Freundinnen schon mal vorkommen kann“ - in den Graben geschubst. Ob es möglicherweise um ernsthafte Machtspiele im Gehege ging, ist offen. „Es kann sein, dass Vilja nicht mehr so von den anderen respektiert wird. Aber darüber können wir nur spekulieren“, erklärt die Kuratorin. Um der alten Dame den Aufenthalt in der Außenanlage sicherer zu machen, ergreift die Wilhelma kleine Vorsichtsmaßnahmen: Vilja darf vorerst nur noch mit Pfleger ins Freie. Für sie wird dann im Gehege ein eigener kleiner Bereich abgesperrt, „damit sie ihre Ruhe hat“, so Koch. Sie von ihren indischen Gesellschafterinnen zu trennen, kommt überhaupt nicht in Frage. „Das wäre gar nicht gut.“ Bauliche Veränderungen sind offenbar ebenfalls nicht nötig - ein solcher Graben, der das Gehege von den Besuchern trennt, ist in Zoos weltweit üblich.

http://www.ez-online.de/lokal/stuttgart/stuttgart/Artikel1457061.cfm

Tierschützer gegen Elefantenhaltung

29.01.2008




Stuttgart (eh) - Elefantendame Vilja hat den Sturz in den 1,50 Meter tiefen Graben des Außengeheges und die gut zweistündige Bergungsaktion durch die Feuerwehr vergangenen Woche gut überstanden - doch ganz ohne Nachwirkungen bleibt der Vorfall nicht. Frank Albrecht von der Tierrechtsorganisation Peta fordert die Stuttgarter Wilhelma nun auf, die Elefantenhaltung in dem zoologisch-botanischen Garten auslaufen zu lassen. Albrecht sieht die Ursache für Viljas Unfall „in den schlechten Haltungsbedingungen“. Die Anlage des Zoos sei mit nur 400 bis 600 Quadratmetern Fläche für die insgesamt vier indischen Elefanten zu klein. Sie biete den Tieren „aufgrund der Enge kaum Möglichkeiten, bei Rangkämpfen ausreichend auszuweichen“, ist Albrecht überzeugt. Zudem seien die Gräben „regelrechte Todesfallen, in denen nicht das erste Mal Elefanten in Gefangenschaft stürzten und qualvoll verstarben“. Der Nürtinger Zookritiker fährt verbal starke Geschütze gegen die Wilhelma auf und spekuliert: „Dieser Unfall ist womöglich nicht der erste Fall, der auf schlechte Haltungsbedingungen zurückzuführen ist.“ So sei ein Tier in den 1970er Jahren „aufgrund von erheblichen Fußproblemen getötet“ worden, verweist Albrecht auf eine Dokumentation des Vereins Elefantenschutz Europa. Die Todesursache von Zella, die 1972 gestorben war, sei bisher ungeklärt. Angeblich hatte sie ein chronisches Nierenleiden. Eigenen Angaben zufolge beobachtet Frank Albrecht seit Jahren die Elefantenhaltung in der Wilhelma intensiv und will „teils erhebliche Verhaltungsstörungen“ dokumentiert haben, die auf Gefangenschaftsbedingungen zurückzuführen seien. „Auch eine neue Elefantenanlage würde Probleme wie Langeweile und Reizarmut nicht lösen können.“ Wie berichtet, plant der Stuttgarter Zoo eine neue Anlage für die Dickhäuter, deren Realisierung und Bau jedoch bis zum Jahr 2012 warten muss.


http://www.ez-online.de/lokal/stuttgart/stuttgart/Artikel1460194.cfm